Reisen in der Region

Ein Erlebnisbericht unseres Mitarbeiters Clemens Boveland.

Blogpost, 05.10.2020

Die gegenwärtige Corona-Pandemie hat den weltweiten Tourismus extrem eingeschränkt. Die Weltorganisation für Tourismus (UNWTO) erwartet für dieses Jahr 400 bis 650 Millionen internationale Touristenankünfte, voriges Jahr wurden weltweit 1,5 Milliarden internationale Touristenankünfte gezählt. Das wäre ein Rückgang um bis zu 74%. Auch in Deutschland ist der Tourismus laut statistischem Bundesamt von Januar bis Juli 2020 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 42,2% gesunken.

Im Vergleich zu Auslandsreisen scheinen die Folgen der Coronakrise indes den Trend zum Urlaub im eigenen Land verstärkt zu haben. Der Anteil derjenigen, die Ferien in den eigenen Gefilden verbringen wollen, steigt laut Schätzen der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR) von ca. 26% auf 40-50% - auch wenn das am Rückgang in absoluten Zahlen nichts ändern wird.

Zu denjenigen gehörten jedenfalls auch wir. Unter anderem, da sich auch das Zeitfenster für einen Urlaub im Ausland wieder geschlossen hat. Die zweite Welle hat sich weit in der Ferne angekündigt, ließ unsere Reisepläne aber trotzdem in kurzer Zeit an seiner Wand zerschellen. Durch eine erneute Reisewarnung mit folgenden Konsequenzen aus deutscher Sicht, wurden Paris, Lyon und die Côte d’Azur auf einmal wieder unerreichbar für uns. Welche Optionen hatten wir nun? Alternativen im europäischen Umfeld Deutschlands sahen nicht besser aus. „Wenn es nicht möglich ist, nach Frankreich oder in andere europäische Länder zu reisen, ohne mit anschließendem Zwangsurlaub in den eigenen vier Wänden rechnen zu müssen, bleiben wir eben hier!“

Die Struktur der Reise sollte also bestehen bleiben. Ein paar Städte und viel Landschaft mit dem Mietwagen abklappern. Mit wachsender Vorbereitung und dem Verdauen der schlechten Nachrichten, wuchs die Vorfreude auf die Deutschland-Tour. Deutschlands schöne Ecken waren zwar bekannt, aber genug davon für uns ungesehen. Die Züge aus Hamburg und Berlin liefen beinahe zeitgleich in München ein. Nach kurzer Begutachtung der diesjährig leeren Oktoberfestwiese und einem rustikalen Abend in Münchens Brauhäusern ging die Reise dann endlich los. Nachdem wir von der Grenzpolizei wegen unseres italienischen Kennzeichens kontrolliert und abermals nach illegalen Drogen befragt wurden, konnten wir uns schon nach wenigen Stunden einen ersten Eindruck von der idyllischen Umgebung des Bodensees machen. Was auf Landkarten schon kaum nachvollziehbar wirkt, ist vor Ort nicht leichter zu beschreiben. Eine glatte Wasserfläche, die der Fläche mehrerer deutscher Großstädte entspricht ist vor allem in den kleinen Ortschaften besonders sehenswert.

Bild: Clemens Boveland - Meersburger Blick auf den Bodensee

Nach zweitägigem Aufenthalt in Konstanz inklusive Tagesausflug nach Meersburg zwecks Weinverkostung mittels Fährenüberfahrt, ging unsere Reise wieder zurück Richtung Bayern. Bereits auf der Fahrt sind die landschaftlichen Veränderungen jede Stunde wert, die man auf den Straßen verbringt. Das Allgäu überzeugt mit seiner grün-satten, hügeligen Landschaft. Hin und wieder baut sich eine vereiste Gebirgsspitze hinter der schnurgeraden Autobahn auf. Gibt schlimmere Aussichten auf deutschen Autobahnen. Über kleine Orte hinweg, sollte Kempten unsere nächste Station sein. Kempten überraschte vor allem durch sein lebendiges Treiben und den bunten Mix an Jung und Alt. Kemptens Vielseitigkeit und zuvorkommende "Enge“ bieten kurze Wege und viele Eindrücke der vom Mittelalter geprägten Stadt. Kurz vor unserem nächsten Ziel ließen wir uns zu einem spontanen Fußballspiel in Füssen hinreißen. Bei der Spielklasse, der freundlichen Atmosphäre neben dem Platz und der einzigartigen Aussicht, ließ es sich wirklich aushalten. Die Anlage bot reichlich Platz für Zuschauer, um auf Abstand ein Stück Freizeit-Kultur des Landes zu genießen.

Bild: Clemens Boveland - Amateurspiel am Fuß des Ammergebirges

Wenn man schon einmal in Füssen ist, kann man sich auch vom Tourismus treiben lassen und einen Fußmarsch zum Schloss Neuschwanstein wagen. Vom Platz war das ein Fußmarsch von 1h. Mit Erfrischungsgetränken und ein wenig Proviant nahmen wir den Aufstieg auf uns. An der Marienbrücke angekommen durften wir dann zunächst Teil einer großen Warteschlange werden, die die Länge der Marienbrücke bereits übertraf. Zugegeben: Das Schloss sieht tatsächlich genauso aus, wie auf den Bildern im Netz. Was für eine Überraschung. Aber besonders der Aufstieg und die unmittelbar unterhalb vom Schloss liegenden Felsen, an denen sich die Pöllat fallen lässt, sind es allemal wert, diesen Weg auf sich zu nehmen. An dem Wasserfall vorbei, entlang an den Felsen, die zeitgleich das Fundament des hoch liegenden Schlosses bilden, steigt man gemütlich ins Tal hinab und passiert alleinstehende Bauernhäuser.

Bild: Clemens Boveland - Die Pöllat am Schloss Neuschwanstein

In Füssen sollte unsere Reise ihr Ende nehmen. Ein letztes Mal durch die engen Straßen und über die Kopfsteinpflaster hinweg, vorbei an der in der Nacht von Strahlern angeleuchteten Burg. Immer weiter, bis wir ein nettes Lokal gefunden haben. Zum Abschluss noch einmal in den Genuss von Allgäuer Bier und regionaler Küche kommen und sich in ländlicher Stimmung von den Tischgeräuschen drumherum in Gespräche fallen lassen. Für uns ein absolut gelungener Urlaub, der von Spontanität und Gelassenheit geprägt war. Wenn wir etwas hatten, war es Zeit.

Die muss man sich aber immer für einen Urlaub nehmen. Wie Urlaube in Zukunft aussehen werden ist ungewiss. Solange Zeiten wie diese unseren Alltag bestimmen, sollte man die Vorzüge vor der eigenen Haustür wahrnehmen und nutzen. Reisen ins Ausland werden nun mal in den nächsten Monaten kaum bis gar nicht möglich sein. Ein sicheres Gefühl vermittelt das zur dieser Stunde nicht. Endlich mal ein guter Grund, um erst einmal seine eigene Umgebung zu erkunden, bevor man in die Welt hinaus möchte.

Frankreich steht aber noch immer auf unserer Liste. Solange sich das noch hinzieht, hat Deutschland noch weitere Ziele parat.

 

Bildquelle: Clemens Boveland