Wie realistisch sind Hologramme wirklich?

Blogpost, 31.03.2023

Wer in der Vergangenheit bei Filmen wie „Star Wars“ oder Serien wie „Star Trek“ nicht zu früh weggeschaltet hat, wird sie kennen: die Rede ist von Hologrammen.

Diese dreidimensionalen Bilder, die durch holografische Techniken erzeugt werden und dadurch eine Art körperliche Präsenz im Raum erlangen, haben ihren Weg bereits vor langer Zeit in die Drehbücher Hollywoods gefunden. Kenner:innen dürften hier direkt an den  „Doktor“ aus der Serie Star Trek: Voyager denken, der als Hologramm für gesundheitliche Notfälle an Board eingesetzt wird.

Durch die rapiden qualitativen Fortschritte von Film und Fernsehen haben die meisten Menschen zwar ein Bild eines typischen Hologrammes vor Augen – ein in der Regel bläuliches, maßstabsgetreues Abbild einer abwesenden Person, die trotzdem an Gesprächen teilnehmen kann – doch im Alltag werden sie den wenigsten bereits begegnet sein.

Aufgrund der derzeit noch ausbleibenden Massentauglichkeit dieser dreidimensionalen Lichtbilder, dürfte den meisten entgangen sein, dass Hologramme bereits heute schon zum Einsatz kommen. In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Momente, in denen bestimmte Hologramme, gemeinsam mit den damit verbundenen Personen, Gruppen oder Organisationen, die Schlagzeilen bestimmt haben.

Bild: Star Wars, Disney©

Hologramme im Einsatz

Die Erstellung eines dreidimensionalen Hologrammes ist jedoch ein kostspieliges Privileg und somit nur wenigen Personen bzw. Gruppen vorbehalten. Beispielsweise schenkte der US-amerikanische Rapper Kanye West seiner damaligen Ehefrau Kim Kardashian zu ihrem 40. Geburtstag im Jahre 2020 ein realitätsnahes Hologramm ihres bereits verstorbenen Vaters.

Während dieses Geschenk von vielen als makaber aufgefasst wurde, ist es Kanye West dennoch gelungen, ein lebensgleiches Abbild eines Verstorbenen zu schaffen, und diesem, wenn auch in Form eines Hologramms, neues Leben einzuhauchen.

Doch für den Einsatz von Hologrammen bedarf es nicht zwingend eines Blickes in die USA. Einer der bekanntesten deutschen Zirkusse – Zirkus Roncalli – hat auf die vielfach geerntete Kritik für die Ausbeutung von (Zirkus-)Tieren reagiert, und setzt stattdessen seit 2018 auf holografische Auftritte von Tieren. Nach über zwei Jahren Vorbereitungszeit war es dem Zirkus somit möglich, die Elefanten, Pferde und Co. trotz deren Abwesenheit durch die Manege laufen zu lassen.

Auch die schwedische Popband ABBA machte sich die Technologie der Holografie zu Nutze, als sie nach fast 40 Jahren mit den vier verjüngten Bandmitgliedern als „ABBAtare“ (Kofferwort aus ABBA und Avatar) ihr Comeback feierte.  

Doch auch in ganz anderen Bereichen fanden Hologramme in jüngerer Vergangenheit Anwendung. In absehbarer Zeit wird es auf der Welt keine Zeitzeugen und Überlebende des Holocausts mehr geben, ihre Erinnerungen und Botschaften sind damit jedoch nicht weniger wichtig, im Gegenteil. Mit Hilfe von Hologrammen sollen zumindest die Erinnerungen von Überlebenden weiterleben können.

Im Zuge dessen entstehen derzeit weltweit Hologramme von Zeitzeug:innen, deren dreidimensionales Auftreten und bestenfalls präzise Beantwortung von gestellten Fragen in Echtzeit eine stärkere emotionale Verbindung erlaubt.

Der eigentliche Durchbruch

Ob im Falle der Zeitzeug:innen, der schwedischen Popband ABBA, Kanye West oder dem Zirkus Roncalli – das Konzept, wie diese holografischen Darstellungen zustande kommen, ist trotz der vielseitigen Anwendungen und Ausprägungen in der Regel das gleiche.

Anders als bei den filmischen Vorbildern aus Hollywood, bei denen die Hologramme in Echtzeit beim Gegenüber erscheinen, zeichnen sich all diese zuvor aufgelisteten Hologramme durch ihre aufwändige, zeitversetzte Aufnahme und Produktion im Vorfeld aus. Diese Aufnahmen aus verschiedenen Perspektiven können später dank geschickter Verspiegelungen dreidimensional in einem Raum projiziert werden.

Axel Doßmann, ein promovierter Historiker, beschreibt diesen aufwändigen Vor- und Ablauf bis hin zum schlussendlichen Hologramm am Beispiel der Zeitzeugen ziemlich treffend: Er berichtet von einem tagelangen Prozess, der in diesem speziellen Fall den Einsatz von 116 Kameras erforderte, welche die ausgewählten Zeitzeugen aus jedem Winkel aufnehmen sollten.

Der anfänglichen Euphorie, vielleicht bereits in den nächsten Jahren selbst als Hologramm abgelichtet telefonieren zu können, verpasst dieser kleine Unterschied jedoch einen klaren Dämpfer.

Genau hier gab das Unternehmen Logitech Ende Januar 2023 jedoch einen Durchbruch bekannt. Bei „Project Ghost“ handelt es sich um eine Kabine, die in Zukunft Hologrammkonferenzen ermöglichen soll. Damit kam Logitech einem Projekt von Google im Hinblick auf die Hologrammtelefonie zuvor, und das, obwohl die Vorstellung bereits 2021 stattfand. Über die Marktreife des Google-Projektes gibt es derzeit jedoch noch keinerlei Informationen.

Bild: Logitech via CNET

Während Google´s „Project Starline“ hochauflösende Kameras und Tiefensensoren verwendet, deren Datenzusammenführung durch eine Software ein dreidimensionales Bild in Echtzeit erlaubt, setzt die Kabine von Logitech vielmehr auf optische Illusion statt komplexer Technologie.

Das wiedergegeben Bild erweckt nur dank einer entsprechenden Verglasung, bekannt als „Pepper´s Ghost Effect“, den Eindruck einer dritten, räumlichen Dimension, ist eigentlich jedoch zweidimensional.

Die Sitzkabine, die Logitech gemeinsam mit dem Büromöbelausstatter Steelcase entwickelt hat, kommt dabei jedoch auf ihre Kosten. Nach mehreren Quellen dürfte sich die Kabine auf Kosten von (deutlich) über 4000€ belaufen. Bei Marktreife dürfte die Version von Google wohl kaum viel günstiger ausfallen.

Wie können Hologramme für jedermann funktionieren?

Durch einen Zusammenschluss vier großer europäischer Netzanbieter, namentlich Vodafone, Deutsche Telekom, Telefónica und Orange, soll die holografische Kommunikation jedoch in Zukunft massentauglich gemacht werden. Und das soll, nach Aussage von Vodafone, frei von teurer Spezialtechnik, sondern mit jedem handelsüblichen Smartphone möglich sein.

Michael Reinartz, Innovations-Chef bei Vodafone Deutschland, weist bei den neuen Formen der Kommunikation neben den Hologrammen auch auf das Metaversum hin. Tatsächlich planen die vier Netzanbieter, die für ihr Vorhaben mit dem Software-Unternehmen MATSUKO kooperieren, VR-Brillen zur Realisierung der Hologramm-Telefonie einzusetzen.

Genau solche Hilfsmittel wie VR-Brillen könnten nämlich ein Teil der Lösung sein, die in vergleichsweise naher Zukunft ein dreidimensionales Zusammensitzen beim Telefonieren oder in Konferenzen erlaubt.

Denn im Vergleich zur Holografie dürften Technologien der XR (Extended Reality, umfasst Virtual, Mixed und Augmented Reality) bereits weitaus früher massentauglich sein, bzw. sind es zum Teil bereits heute.

Ein Beispiel dafür ist Microsoft Mesh. Diese Mixed-Reality Plattform ermöglicht digitale Zusammenarbeit. Eine Kernfunktion von Mesh stellt dabei die Erstellung von Avataren dar. Durch eine spezielle Brille, die sogenannte HoloLens 2, können Avatare wie anwesende Personen vor das Auge gezaubert werden, obwohl sie abwesend bzw. in einem Raum oder sogar Land sind.

Auch an einer holografischen Darstellung von Personen, die lebensecht im Raum abgebildet werden sollen, sogenannter Holoportation, wird derzeit intensiv gearbeitet.

Bild: Microsoft Mesh

Mesh lässt sich zwar mit verschiedenen Geräten wie dem Smartphone, dem PC oder HoloLens 2 nutzen, allerdings schreibt Microsoft selbst, dass es der HoloLens 2 bedarf, um das Beste von Mesh zu erleben. Und genau diese Brille hat mit fast 4000€ einen Preis, der begründet, warum HoloLens 2 vorwiegend in der Industrie und weniger im privaten Raum eingesetzt wird.

Wer eine bezahlbare Möglichkeit sucht, Menschen in Echtzeit und lebensecht in der realen Welt zu sehen, wird sich demnach noch etwas gedulden müssen.

Fazit

Viele kleine Durchbrüche und anekdotische Einsätze von Hologrammen zeigen uns vor allem eines: Ob wir wollen oder nicht, wir nähern uns den holografischen Telefonaten, Konferenzen und Auftritten in Echtzeit immer zügiger. Eine wohnzimmerreife Endanwendung, die von einer breiten Masse genutzt werden kann, existiert jedoch noch nicht.

Vielmehr dürften Kompromisse, wie der immersive Besuch von digitalen Räumen durch VR-Brillen aktuell der Weg sein für Personen, die ihre Gesprächspartner:innen gerne während eines Telefonats oder einer Konferenz in Echtzeit sehen wollen. In diesem Fall wird man sich jedoch mit einem Avatar anstelle einer echten Person zufrieden geben müssen.

 

Photo 1 by Star Wars, Disney©

Photo 2 by Logitech via CNET

Photo 3 by Microsoft Mesh